Welpenhandel

Wir distanzieren uns von jeglichen Vermehrerzuchten dieser oder ähnlicher Arten.Bitte unterstützen Sie dieses Elend nicht !!! 


Sie züchten Hunde in Osteuropa und verramschen sie auf Parkplätzen in ganz Deutschland.

BILD-am-SONNTAG-Reporter decken das miese Geschäft der Hunde-Mafia auf, die kranke Rassetiere für 500 Euro verkauft. Die Hälfte der Welpen stirbt bereits auf dem illegalen Transport über die Grenze.

„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.“ (Deutsches Tierschutzgesetz, Paragraf 2)

Wir sind mit dem Gesetzesbrecher Herrn G. verabredet. Vermutlich heißt Herr G. ganz anders. Sein schwarzer Volvo V 70, mit dem er am vereinbarten Treffpunkt in Regensburg vorfährt, ist jedenfalls auf einen anderen Namen zugelassen. Aber in den E-Mails und jetzt am Straßenrand in Bayern nennt sich der korpulente Mittfünfziger mit dem ausgeprägten sächsischen Akzent Herr G.

Herr G. verkauft Hunde zum Schnäppchenpreis. „Superliebe Welpen von Mutti und Vati“ lautet sein Standardtext in den diversen Kleinanzeigen bei Ebay, fast-alles.net oder hundemarkt24.de. Und weiter: „Unsere Welpen werden liebevoll in der Familie mit Kindern (. . .) im Haus und Garten aufgezogen.“

Die Handynummer unter dem Text ist immer dieselbe. Nur die Hunderassen und die angeblichen Wohnorte des Verkäufers wechseln.

Wir, die BILD-am-SONNTAG-Reporter, geben uns als tierliebes Paar aus und wollen einen von G.s Hunden kaufen, einen Scottish Terrier. Herr G. hat uns zuvor Fotos von zauberhaften Welpen geschickt, die angeblich zwölf Wochen alt sind. Im Foto-Hintergrund sprießen Sommerblumen.

Normalerweise kostet ein solcher reinrassiger Welpe zwischen 1000 und 1200 Euro. Herr G. verlangt 530 Euro in bar. Das Tier habe zwar keine Zuchtpapiere, sei aber „zeitgemäß geimpft, mehrfach entwurmt und tierärztlich untersucht“, verspricht er.

Für das Treffen schlägt Herr G. einen Parkplatz vor, zu ihm nach Hause kommen sollen wir nicht, der Weg wäre für uns zu weit und er sei sowieso zufällig in der Gegend.

Welpen-Mafia: Das miese Geschäft mit den Hunde-Babys Video abspielen

Welpen-Mafia Das miese Geschäft mit den Hunde-Babys

Quelle: BILD.de/Lorenz/Zauritz

Als Herr G. die linke hintere Tür und den Kofferraum seines im Vogtlandkreis (Sachsen) gemeldeten Kombis öffnet, blicken wir auf vier Hundeboxen. G. übergibt uns ein schwarzes Fellknäuel, einen mageren Welpen mit stumpfem, struppigem Fell.

Der Hund habe wohl auf der Fahrt nicht an sich halten können, entschuldigt sich G. für den beißenden Gestank nach Urin und Kot. Er überreicht uns einen polnischen Impfpass und einen Kaufvertrag, in den er eine polnische Adresse einträgt. Er züchte jetzt „in Schlesien“, das sei preiswerter, sagt G. Schlesien? Er meint eigentlich Polen. Hatte er nicht geschrieben, die Hunde würden in seiner Familie aufwachsen, er sei nur Hobbyzüchter?

In Wahrheit steckt hinter G. ein System, das mafiaähnliche Strukturen hat. Ein System, das Hunde aus Osteuropa nach Deutschland schleust und hier aus dem Kofferraum heraus verscherbelt. Ohne Papiere, manchmal mit gefälschten Impfpässen, dafür oft krank und nicht selten schon nach wenigen Tagen tot.

Vergrößern Jürgen Damsch (links) und Katharina Windmaißer
Kurz nach der Übergabe des Hundes: Die Reporter Jürgen Damsch (links) und Katharina Windmaißer mit dem Scottish Terrier. Hundedealer G. wickelt im Hintergrund schon die nächsten Käufe am Telefon ab
Foto: Martin Lorenz

„Die Hunde werden unter schrecklichsten Umständen in Osteuropa gezüchtet und kommen in meist illegalen Transporten über die Grenze nach Deutschland“, sagt Birgitt Thiesmann. Sie arbeitet für die Tierschutzorganisation Vier Pfoten und schätzt, dass 50 Prozent dieser Billig-Welpen den Transport nicht überleben. „Sie sind krank und wurden viel zu jung von der Mutter weggenommen.“ Die Mütter selbst haben häufig Tumore an den Zitzen, die Welpen infizieren sich mit Paravirose, einer lebensbedrohlichen Viruserkrankung, Würmern oder Staupe (siehe auch Kasten auf Seite 10). Wie viele Tiere so ins Land kommen? Schwer zu sagen, Schätzungen gehen von 500 000 Welpen pro Jahr in Deutschland aus, von denen etwa 100 000 aus dem Ausland stammen.

Die Beton-Kerker der Hundemafia

In solchen Beton-Kerkern züchtet die Mafia

Welpenmafia In solchen Beton-Kerkern züchtet die Mafia

Die Hunde liegen in verdrecktem Stroh, die Futterschüsseln sind leer. Das typische Bild einer sogenannten Vermehrerstation.

Wir fahren mit unserem Scottish Terrier ins Tierheim nach Nürnberg, das wir zuvor über unseren Plan informiert haben. Dort untersucht die Tierärztin Dr. Juliane Niehbur unseren Vierbeiner. Die Hündin ist in einem schlechten Allgemeinzustand, hat Flöhe, vereiterte Augen und ist maximal acht statt der angegebenen zwölf Wochen alt. „Solch junge Tiere dürfen ohne das Muttertier gar nicht nach Deutschland eingeführt werden“, sagt Tierheimchefin Heike Weber.

Das lukrative Geschäft mit den Hunden hat sich verschoben. Noch vor wenigen Jahren wurden die sogenannten „Wühltisch-Welpen“ auf osteuropäischen Märkten für weniger als 50 Euro an Touristen verscherbelt. Nachdem Polen mit einem neuen Tierschutzgesetz seit Januar 2012 den Verkauf von Hunden auf öffentlichen Plätzen verbietet, hat sich das Geschäft ins Internet verlagert und die Tier-Mafia liefert frei Haus bzw. auf den nächst erreichbaren Parkplatz.

Experten gehen davon aus, dass mehr als jeder zweite Hundehalter sein Tier über Online-Anzeigen erwirbt. Das ergab eine Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Welpenhandel, in der sich unter anderem der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH), die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz oder die Tierschutzorganisation TASSO zusammengeschlossen haben.

Vergrößern Hundeverkauf per Anzeige im Netz
Hundeverkauf per Anzeige im Netz
Foto: BamS

Eine Stichprobe bei Ebay-Kleinanzeigen gestern Nachmittag ergibt: Es gibt Malteser-Welpen für 200 Euro, die laut Anbieter einmal in Dortmund und einmal in Berlin zu haben sein sollen. Und es gibt einen Mops für 470 Euro, dessen Anbieter nur eine Handynummer angibt. Insgesamt 4179 Einträge unter dem Stichwort „Welpe“. Sicherlich sind auch seriöse Anbieter darunter, aber viele Preise erscheinen verdächtig niedrig.

„Wer sich ernsthaft mit Hunden auseinandersetzt, muss spätestens bei diesen Preisen stutzig werden“, sagt Tierschützerin Birgitt Thiesmann und warnt vor dem Kauf. „Diese Tiere sind kein Schnäppchen. Hohe Tierarztkosten nach dem Kauf treiben die Ausgaben schnell in die Höhe.“

Einer, der sich juristisch mit dem Thema befasst, ist der Kasseler Rechtsanwalt Christopher Posch. Er vertritt Käufer, die auf Hundehändler wie G. hereingefallen sind. „Die Tiere meiner Mandanten wurden krank oder starben. Oft sind die Interessenten so überrumpelt, dass sie den Kauf nicht abbrechen, obwohl sie sehen, dass sich das Tier in einem schlechten Zustand befindet.“

Nadja Hirsch sitzt für die FDP im Europäischen Parlament und ist Vizepräsidentin der Animal Welfare Group. Sie sagt über den Welpenhandel: „Das sind mafiöse Strukturen. Hier wird auf Kosten der Tiere ein systematischer Handel betrieben, der rein darauf abzielt, Geld zu machen. Das alles geschieht im Bewusstsein, dass gegen Gesetze verstoßen wird.“

Dennoch fällt es schwer, Herrn G. und seinen „Kollegen“ das Handwerk zu legen. „Vor dem Gesetz ist ein Tier eine ‚lebende Sache‘“, sagt Anwalt Posch. „Und die Beschädigung einer Sache spielt in der Praxis kaum eine Rolle. Sie wird in der Regel mit einer Geldstrafe geahndet.“

Nur selten fliegen die illegalen Transporte auf. Der letzte größere Fall machte vor einem Jahr Schlagzeilen, als Polizisten einen ungarischen Transporter mit 92 kranken und viel zu jungen Hunden an Bord auf der A 3 bei Erlangen stoppten. 24 Hundebabys konnten nicht mehr gerettet werden.

Vergrößern Reporter Marc-André Rüssau nimmt den Yorkie entgegen. Im Kofferraum und auf der Rückbank zählt er vier Boxen
Reporter Marc-André Rüssau nimmt den Yorkie entgegen. Im Kofferraum und auf der Rückbank zählt er vier Boxen. Waren alle belegt? Und wenn ja: Was ist wohl aus den anderen beiden Hunden geworden?
Foto: Martin Lorenz

Wir haben noch einen zweiten Termin mit Herrn G. Unter einem anderen Namen will ein zweites Reporterteam wieder einen Hund kaufen, diesmal einen Yorkshire Terrier. Ob wir ihn nicht beim Züchter direkt abholen könnten, hatten wir beim ersten Kontakt ein paar Tage zuvor wissen wollen. Nein, sagte Herr G., das wäre für uns zu weit und er sei sowieso in der Nähe. Man könne sich ja auf dem Parkplatz eines „McDonald‘s“-Restaurants an der A 6 bei Aurach bei Ansbach (Bayern) treffen.

Bei der Übergabe erlebt das zweite Team den gleichen Ablauf: Herr G. fährt im schwarzen Volvo vor, gibt sich freundlich, kassiert 460 Euro in bar, übergibt einen nach Urin riechenden Hund mit polnischem Impfpass und einen Kaufvertrag mit polnischer Adresse.

Bei der Untersuchung im Tierheim stellt sich heraus, dass es dem Yorkshire Terrier noch schlechter geht als dem Scottish Terrier. Das Weibchen hat einen Nabelbruch und muss operiert werden. 100 Euro kostet ein solcher Eingriff. Außerdem leidet auch sie unter Flöhen und ist maximal acht Wochen alt.

Während der Übergabe hatte Herr G. gesagt: „Lass mich die Süße noch einmal streicheln.“ Kann so ein Mensch Abschiedsschmerzen empfinden? Wir wissen es nicht. Was wir aber wissen, ist, dass zumindest die Hunde Schmerzen empfunden haben. Sie werden jetzt im Tierheim Nürnberg aufgepäppelt und dann in liebevolle Hände vermittelt. Wir haben sie Kati und Anni getauft.

PS: Gestern Nachmittag haben wir noch einmal bei Herrn G. angerufen, der eigentlich Hans-Christian T. heißt, wie wir inzwischen wissen. Er bestritt, Hunde zu züchten oder zu verkaufen. Die letzte Kleinanzeige mit seiner Handynummer ist erst ein paar Tage alt.

Haben Sie auch Erfahrungen mit der Hunde-Mafia gemacht? Dann schreiben Sie uns an: leserforum@bams.de

Soeben ist das Buch „Die Welpenmafia – Wenn Hunde nur noch Ware sind“ erschienen. Auf 244 Seiten schildert die Tierschutzorganisation Vier Pfoten zusammen mit dem Anwalt Christopher Posch das Leiden der jungen Hunde (hansanord Verlag; 19,99 Euro).

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